Bill of Lading BoL

Bill of Lading – Ein Dokument lenkt die Weltwirtschaft

Charlotte Götz

Hinter den Kulissen des Welthandels, in denen gewaltige Frachtschiffe die Meere durchkreuzen und unzählige Container mit unbekannten Inhalten transportieren, verbirgt sich ein besonderes Beförderungsdokument: Bill of Lading (B/L oder BoL).

Im Gegensatz zu anderen Frachtpapieren übernimmt dieses Dokument eine Wertpapierfunktion und spielt eine entscheidende Rolle bei der Lenkung des Güterverlaufs und somit der gesamten Weltwirtschaft. Die Automatisierung von Geschäftsprozessen wird auch in der Logistikbranche immer wichtiger und gewinnt mit der fortschreitenden Digitalisierung im Seetransport laufend an Bedeutung.

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Bevor wir tiefer in das Thema eintauchen, erläutern wir zu Beginn die Hintergründe zum Spezialdokument der Seefracht.

Was ist ein Bill of Lading?

Was ist ein Bill of Lading?

Ein Bill of Lading ist ein rechtliches Dokument und zählt zu den sogenannten Traditionspapieren. Es dient im Überseeverkehr als Warenbegleitpapier, das den Schiffstransport von Handelswaren nachweist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Transportdokumenten – wie dem Ladeschein oder dem Frachtbrief – ermöglicht ein Traditionspapier die Übertragung des Warenbesitzes. Im internationalen Seetransport wird dieses Traditionspapier auch als Konnossement bezeichnet. Das Konnossement ist eine von der Versenderseite ausgestellte Urkunde, die es dem rechtmäßigen Inhaber erlaubt, die Herausgabe der Ware im Zielhafen zu verlangen und diese abzuholen.

Ausstellung eines Konnossements

Nach Verladung der Waren ist der Frachführer für die Ausstellung des B/L verantwortlich. Er bescheinigt mit diesem Dokument den Empfang der Güter und verspricht die ordnungsgemäße Auslieferung. Die Übermittlung an rechtmäßige Empfänger ist als gedrucktes Dokument (physisch) oder auf elektronischem Weg möglich, wobei letztere Option in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Das Konnossement erfüllt mehrere wesentliche Funktionen, schafft Rechtssicherheit und bildet die Grundlage für die gesamte Transportabwicklung.

Physische Ausstellung – papierbasisert

Bei der physischen Ausstellung ist es üblich, gleich mehrere Originale anzufertigen. Die Anzahl der ausgestellten Ausführungen ist im B/L selbst festgehalten. Daneben besteht auch die Möglichkeit, nicht übertragbare Kopien eines Konnossements (copy non negotiable) zu erstellen. Diese Kopien berechtigen allerdings nicht zur Warenabnahme und dienen lediglich zu Dokumentationszwecken.

Elektronische Ausstellung – Bolero Bill of Lading oder eBL

Das elektronische Konnossement hat sich unter der Begriffsabkürzung eBL etabliert, ist unter Branchenexperten aber gleichermaßen als Bolero Bill of Lading bekannt. Dabei steht „Bolero“ für „Bill of Lading Electronic Registry Organisation“. Die Bolero-Organisation verfolgte ursprünglich das Ziel, eine Plattform für den elektronischen Austausch von Transportdokumenten zu etablieren. Das Bolero B/L erfüllt dieselbe Funktion wie ein herkömmliches Konnossement, kann jedoch elektronisch erstellt, übertragen und gelöscht werden. Digitale Versionen des B/L ermöglichen in der heutigen vernetzten Welt grundsätzlich eine Echtzeit-Tracking-Funktion, was die Transparenz erhöht und die Effizienz der Lieferkettensteuerung verbessert.

Bill of Lading – Pflichtangaben

Die Angaben und Wirkung des B/L sind, unabhängig von der Ausstellungsform, im § 515 des Handelsgesetzbuches geregelt und umfassen folgende Punkte:

  • Ort und Tag der Ausstellung
  • Name und Anschrift des Abladers
  • Name des Schiffes
  • Name und Anschrift des Verfrachters
  • Abladungshafen und Bestimmungsort
  • Name und Anschrift des Empfängers und eine etwaige Meldeadresse
  • Art des Gutes und dessen äußerlich erkennbare Verfassung und Beschaffenheit
  • Maß, Zahl oder Gewicht des Gutes und dauerhafte und lesbare Merkzeichen
  • die bei Ablieferung geschuldete Fracht, bis zur Ablieferung anfallende Kosten sowie einen Vermerk über die Frachtzahlung
  • Zahl der Ausfertigungen (Konnossementsatz)

Darüber hinaus finden sich bei Frachtbriefen über eine mehrgliedrige Transport- oder Lieferkette noch Angaben zum Vor- und Nachlauf und bei Containerverschiffungen mindestens die Containernummern, gegebenenfalls auch Siegelnummern.

Automatisierung der Pflichtangaben

Die Automatisierung von Pflichtangaben im Konnossement verspricht nicht nur einen zeitlichen Vorteil. Die digitale Dokumentenverarbeitung ermöglicht auch eine erhebliche Reduzierung von Fehlern, die sich schnell und unbemerkt bei manueller Bearbeitung einschleichen können. Die einheitliche KI-Plattform von Konfuzio verwandelt unstrukturierte Daten in Erkenntnisse und beschleunigt diesen Prozess über hybride Multi-Cloud-Infrastrukturen hinweg. Kurzum das ideale All-in-One-Werkzeug für das automatische Verarbeiten des B/L. Sprechen Sie uns gerne an.

Funktionen – Die Vielseitigkeit des Konnossements

Quittung und Empfangsbestätigung

Eines der grundlegenden Merkmale des Bill of Lading ist seine Funktion als Quittung und Empfangsbestätigung. Es ist der Beweis dafür, dass die Waren vom Versender ordnungsgemäß an den Verfrachter übergeben wurden. Diese Bestätigung markiert den Beginn der Warenbewegung und bildet den Ausgangspunkt für den gesamten Transportprozess.

Eigentumsnachweis

Nachdem die Waren am vorgesehenen Zielort angekommen sind, übernimmt das B/L die Rolle des Eigentumsnachweises. Das B/L berechtigt den Empfänger, die Ware im Zielhafen vom Frachtführer entgegenzunehmen. Dafür muss die Person oder Organisation, die im Konnossement als verfügungsberechtigt aufgeführt ist, das Dokument im Original vorlegen. Dieser Ablauf gewährleistet die Freigabe der Sendung durch den Frachtführer und ermöglicht die Inanspruchnahme des Eigentums.

Transportvertrag und Lieferbedingungen

Das Bill of Lading bildet einen rechtsverbindlichen Vertrag zwischen dem Versender und dem Transporteur. Es ist üblich, dass kein separater Frachtvertrag abgeschlossen wird. Stattdessen ergeben sich die Bedingungen des Frachtvertrags direkt aus dem Konnossement.

Haftung und Versicherung

Im Falle von Schäden, Verlust oder Verzögerungen während des Transports findet das B/L Anwendung in der Geltendmachung rechtlicher Ansprüche. Das Dokument bildet die Grundlage für eventuelle Schadensersatz- oder Versicherungsansprüche, da es den Zeitpunkt und den Zustand der Waren bei Übergabe dokumentiert.

Handelsfinanzierung, Zahlungsabwicklung und Kreditsicherheit

Der Transport von Waren erfolgt nicht selten über große Entfernungen hinweg, was zu Herausforderungen bei der Zahlungsabwicklung führen kann. In der Finanzierung von internationalen Handelsgeschäften spielt das B/L deshalb eine wichtige Rolle und ist insbesondere bei Akkreditiv und Dokumenteninkasso von großer Bedeutung. Banken haben die Möglichkeit, Konnossemente mittels Indossament im Rahmen der Export- und Importfinanzierung zu erwerben. Dadurch können sie diese als Sicherheit für Kredite verwenden. Da das Konnossement den Inhalt der Fracht repräsentiert, werden die Banken durch das Indossament auch Eigentümer der Fracht.

Exkurs zur Digitalisierung des Konnossement – Rechtslage in Deutschland

Mit dem Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts (SRG) aus dem Jahr 2013 wurde der gesamte seehandelsrechtliche Regelungskomplex des HGB vollständig umgearbeitet und ein neuer § 516 Abs.  2 HGB eingefügt, der eine rechtliche Grundlage für die Nutzung von digitalen Konnossementen schaffte. Diese besagt, dass digitale Konnossemente den physischen Konnossementen gemäß Absatz 1 gleichgestellt werden sollen, „sofern sichergestellt ist, dass die Authentizität und die Integrität der Aufzeichnung stets gewahrt bleiben (elektronisches Konnossement)“. Das elektronische Konnossement muss die gleichen Funktionen erfüllen wie das herkömmliche, papierbasierte Konnossement. Obwohl diese Regelung Spielraum lässt, gibt es bisher keine überzeugende Gesamtlösung für die Umstellung auf digitale Konnossemente. Aus diesem Grund ist es wichtig, klare rechtliche Kriterien für ein elektronisches Bill of Lading und auch für alle anderen digitalen Traditionspapiere zu definieren.

Ausblick – Blockchain-Technologie als Lösung?

Wegen ihrer dezentralen Struktur könnte die Blockchain als passende technologische Lösung für die Umwandlung des Konnossements in digitale Form dienen. Einen Hinweis darauf findet sich in der Kommentierung zu den Rotterdam Regeln: „Ein denkbares Modell könnte beispielsweise auf einer technischen Vorrichtung beruhen, die die Einzigartigkeit einer elektronischen Aufzeichnung sicherstellt, so dass die Aufzeichnung selbst in einer Verhandlungskette -weitergereicht- werden kann.“ (Übersetzung). Die Schwierigkeit liegt darin, das Spannungsverhältnis zwischen den rechtlichen Vorgaben, den praktischen Funktionen und der technischen Realisierung des digitalen Konnossements zu bewältigen.

Projekt Haptik
Im Kurzprofil der Förderprojekte „Smarte Datenwirtschaft“ stellt das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie das HAPTIK-Projekt vor. Forschungsziel ist die Digitalisierung des Konnossements mithilfe der Blockchain-Technologie. In diesem Projekt wird eine Plattform entwickelt, die es ermöglicht, analoge Schiffsfrachtbriefe durch ihr digitales Äquivalent zu ersetzen. Das Projekt HAPTIK bildet diesen papierbasierten Prozess in der Seefracht vollständig auf einer Blockchain ab, digitalisiert die im internationalen Handel notwendigen Transportdokumente und kann dadurch eine enorme Effizienzsteigerung realisieren. Die auf Blockchain-Technologie basierende Plattform wird anwendungsneutral gestaltet, sodass sie als Standard für jede Form des Token-basierten Handels fungieren kann. HAPTIK soll die globale Handelsschifffahrt beschleunigen und zugleich kosteneffizienter gestalten.

Fazit

In der Seefracht gilt noch immer eine jahrhundertealte Dokumentationspflicht. Obwohl der Bedarf nach Automatisierung stetig wächst, ist das Bill of Lading bis heute in Papierform in Gebrauch. Dieser analoge Prozess ist zeitaufwendig und längst nicht mehr angemessen. Ob die Blockchain-Technologie den Überseeverkehr revolutionieren wird, ist abschließend noch nicht geklärt – aber es wird daran geforscht. Wie lange es noch dauert, bis die Digitalisierung den Seehandel vollständig reformiert, wird die Zukunft zeigen.

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